Futtermittelallergie bei Hund & Katze: So gelingt die Ausschlussdiät
Eine Ausschlussdiät (ASD) ist ein bewährtes diagnostisches Verfahren, um Futtermittelunverträglichkeiten oder -allergien bei Hunden und Katzen zu identifizieren. Das Prinzip ist einfach: Ihr Tier erhält über einen längeren Zeitraum von 4-12 Wochen ausschließlich eine einzige Proteinquelle, die es idealerweise zuvor noch nie gefressen hat. So lässt sich herausfinden, ob die bisherigen Beschwerden durch das Futter verursacht wurden.
Wann ist eine Ausschlussdiät sinnvoll?
Eine Ausschlussdiät sollten Sie in Erwägung ziehen, wenn Ihr Tier folgende Symptome zeigt, die sich durch Behandlung nicht dauerhaft bessern:
Häufige Anzeichen einer Futtermittelallergie oder -unverträglichkeit:
- Chronischer Juckreiz (besonders an Pfoten, Ohren, Bauch, Achseln)
- Wiederkehrende Ohrenentzündungen
- Hautprobleme (Rötungen, Ekzeme, Hot Spots, Haarausfall)
- Ständiges Pfotenlecken oder -beißen
- Magen-Darm-Beschwerden (chronischer Durchfall, Erbrechen, Blähungen)
- Anale Probleme (häufiges "Schlittenfahren", gereizte Analdrüsen)
- Tränende oder gerötete Augen
- Atemwegsprobleme
Wichtig: Lassen Sie Ihr Tier vor Beginn einer Ausschlussdiät gründlich untersuchen, um andere Ursachen wie Parasiten, Infektionen oder andere Erkrankungen auszuschließen. Ziehen Sie einen Tierheilpraktiker oder Ernährungsberater hinzu, der Sie während der Ausschlussdiät begleitet.
Warum hypoallergenes Fertigfutter oft nicht funktioniert
Viele Tierbesitzer greifen zu sogenanntem "hypoallergenem" oder "sensitiv" Fertigfutter, wenn ihr Tier Allergiesymptome zeigt. Leider funktioniert dies für eine echte Ausschlussdiät in den meisten Fällen nicht.
Die Probleme mit hypoallergenem Fertigfutter:
- Zu viele Komponenten: Selbst hypoallergenes Futter enthält meist mehrere Proteinquellen, verschiedene Kohlenhydrate, Gemüsesorten, Öle und zahlreiche Zusatzstoffe
- Unmögliche Fehlersuche: Wenn Ihr Tier auf ein solches Futter reagiert, wissen Sie nicht, welche der vielen Zutaten das Problem verursacht
- Versteckte Allergene: Oft sind Spuren anderer Proteine durch die Produktion enthalten
- Hydrolysierte Proteine nicht immer verträglich: Auch wenn Proteine aufgespalten wurden, können sie noch Reaktionen auslösen
- Zusatzstoffe: Konservierungsmittel, Aromastoffe, Vitaminvormischungen und andere Zusätze können ebenfalls Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen
Für eine echte Ausschlussdiät gilt: Nur wenn Sie genau EINE Proteinquelle füttern und nach und nach einzelne Komponenten hinzufügen, können Sie herausfinden, worauf Ihr Tier tatsächlich reagiert. Hypoallergenes Fertigfutter ist keine Lösung für die Diagnostik.
Die richtige Proteinquelle wählen
Für eine erfolgreiche Ausschlussdiät ist die Wahl der Proteinquelle entscheidend. Ihr Hund oder Ihre Katze sollte diese Fleischsorte optimalerweise noch nie zuvor kennengelernt haben. Geeignet sind oft exotische Sorten wie:
- Strauß
- Känguru
- Ziege
- Ente
- Kaninchen
- Hirsch
- Rentier
Wichtig: Wählen Sie wirklich nur eine Sorte, die Ihr Tier nachweislich noch nie gefressen hat – auch nicht in Form von Leckerlis oder Kauartikeln.
Weniger geeignete Proteinquellen
Pferd wird zwar häufig für Ausschlussdiäten empfohlen, ist jedoch sehr histaminlastig und daher nicht unbedingt zu empfehlen – besonders nicht bei Tieren, die bereits zu Hautproblemen oder Juckreiz neigen.
Lamm gilt nach der Traditionellen Chinesischen Veterinärmedizin (TCVM) als "heißes Fleisch" und kann Allergien und Entzündungsprozesse zusätzlich anfeuern. Es ist daher für eine Ausschlussdiät weniger geeignet.
Selbst kochen oder roh füttern
Sie können das Fleisch entweder gekocht oder roh verfüttern. Gekochtes Fleisch hat den Vorteil, dass die Proteinstruktur durch die Hitze verändert wird, was in manchen Fällen die Verträglichkeit verbessern kann. Bei der Rohfütterung bleiben hingegen alle natürlichen Enzyme erhalten.
Besonderheit bei Katzen: Katzen sind strikte Fleischfresser und benötigen essenzielle Nährstoffe wie Taurin, die besonders in rohem Fleisch vorkommen. Achten Sie darauf, dass die gewählte Fleischsorte für Katzen geeignet ist.
Option Reinfleischdose: Worauf Sie achten müssen
Wer nicht selbst kochen möchte, kann auf Reinfleischdosen zurückgreifen. Hier ist jedoch höchste Vorsicht geboten:
Keine Bindemittel
Die Dose muss zu 100% aus der gewählten Fleischsorte bestehen – ohne jegliche Zusätze. Selbst natürliche Bindemittel können bereits eine Reaktion auslösen und das Ergebnis der Ausschlussdiät verfälschen.
Vorsicht vor "Monosorten"
Viele als "Monoprotein" oder "Monosorte" beworbene Produkte sind nicht für eine Ausschlussdiät geeignet. Der Grund: Oft sind Vitamine, Mineralstoffe oder andere Nährstoffe zugesetzt. Bei einer ASD geht es jedoch darum, wirklich alles andere wegzulassen, um ausschließlich auf diese eine Proteinquelle zu testen.
Das Problem der Deklarationspflicht
Nicht alle Bindemittel sind deklarierungspflichtig. Fragen Sie daher beim Hersteller explizit nach, ob und welche natürlichen Bindemittel verwendet werden. Nur so können Sie sicher sein, dass die Dose wirklich zu 100% aus reinem Fleisch besteht.
Die Durchführung: 4-12 Wochen konsequent bleiben
Die Ausschlussdiät erfordert Geduld und Konsequenz:
- Dauer: Mindestens 4 Wochen, bei hartnäckigen Fällen bis zu 12 Wochen
- Ausschließlich: Nur die gewählte Proteinquelle füttern
- Keine Ausnahmen: Keine Leckerlis, keine Kauartikel, nichts vom Tisch, kein Gras fressen (besonders bei Katzen mit Freigang schwierig)
- Beobachten: Dokumentieren Sie Symptome wie Durchfall, Hautprobleme, Erbrechen, Juckreiz oder andere Auffälligkeiten
Hinweis für Katzenhalter: Bei Freigänger-Katzen ist eine Ausschlussdiät deutlich schwieriger durchzuführen, da Sie nicht kontrollieren können, was die Katze draußen frisst. Im Idealfall sollte die Katze während dieser Zeit im Haus bleiben.
Auch ans Trinkwasser denken
Selbst das Trinkwasser kann die Ausschlussdiät beeinflussen. Wenn Ihr Tier auf bestimmte Mineralstoffe (z.B. Nickel) reagiert, kann auch Leitungswasser problematisch sein. Verwenden Sie in solchen Fällen stilles Mineralwasser oder gefiltertes Wasser. Verzichten Sie auf aromatisierte oder mit Zusätzen versehene Wässer.
Medikamente und Parasitenschutz überprüfen
Viele Medikamente, Wurmkuren und Parasitenschutzmittel enthalten Aromastoffe, Geschmacksverstärker oder andere Zusätze, die die Ausschlussdiät verfälschen können. Sprechen Sie mit Ihrem Tierheilpraktiker oder Ernährungsberater über:
- Notwendige Medikamente in möglichst purer Form
- Parasitenschutz ohne Zusatzstoffe (z.B. Spot-on statt Tabletten mit Geschmack)
- Verzicht auf nicht dringend notwendige Präparate während der Testphase
Alle Familienmitglieder ins Boot holen
Der häufigste Grund für das Scheitern einer Ausschlussdiät sind "heimliche" Leckerlis. Informieren Sie alle Haushaltsmitglieder über die Wichtigkeit der Diät:
- Kinder dürfen nichts vom Tisch füttern
- Besucher müssen informiert werden
- Auch "nur ein kleines Stückchen" kann die gesamte Diät zunichtemachen
- Bei Mehrhaushalten (z.B. getrennte Eltern): Beide Seiten müssen mitmachen
Tipp: Hängen Sie einen Zettel an die Kühlschranktür oder Haustür mit der Aufschrift: "ACHTUNG: [Tiername] macht gerade eine Ausschlussdiät - bitte NICHTS füttern!"
Ein Ernährungstagebuch führen
Dokumentieren Sie täglich:
- Was und wie viel Sie gefüttert haben
- Uhrzeit der Fütterung
- Kotbeschaffenheit (fest, weich, Durchfall)
- Hautveränderungen
- Juckreiz (Häufigkeit und Intensität)
- Erbrechen
- Besondere Vorkommnisse
Diese Dokumentation hilft Ihnen und Ihrem Tierheilpraktiker oder Ernährungsberater, Zusammenhänge zu erkennen und den Erfolg der Diät objektiv zu bewerten. Oft bemerkt man erst durch das Tagebuch, wie deutlich sich die Symptome tatsächlich verbessert haben.
Wenn Ihr Tier die Proteinquelle gut verträgt und die Symptome deutlich zurückgehen oder verschwinden, war die Ausschlussdiät erfolgreich.
Der Provokationstest – die Bestätigung der Diagnose
Nach erfolgreicher Ausschlussdiät sollten Sie zur Bestätigung einen Provokationstest durchführen. Dies ist der einzige Weg, um sicher festzustellen, dass tatsächlich das Futter die Ursache der Probleme war.
So funktioniert der Provokationstest:
- Füttern Sie für 1-2 Wochen wieder das alte Futter oder eine zuvor gefütterte Proteinquelle
- Beobachten Sie genau, ob die Symptome zurückkehren
- Kehrt der Juckreiz, Durchfall oder andere Symptome zurück, ist die Diagnose bestätigt
- Wechseln Sie dann sofort wieder zurück zur verträglichen Proteinquelle
Wichtig: Viele Tierbesitzer scheuen den Provokationstest, weil sie ihr Tier nicht erneut leiden sehen möchten. Medizinisch ist er jedoch der "Goldstandard" zur Diagnose einer Futtermittelallergie. Ohne Provokationstest können Sie nie sicher sein, ob nicht andere Faktoren (z.B. saisonale Einflüsse, zufälliges Abheilen) für die Besserung verantwortlich waren.
Die Angst vor Nährstoffmangel – unbegründet für diesen Zeitraum
Viele Tierbesitzer sorgen sich, dass ihr Hund oder ihre Katze während der Ausschlussdiät unter Nährstoffmangel leiden könnte. Diese Sorge ist für den begrenzten Zeitraum von 4-12 Wochen jedoch unbegründet.
Hunde und Katzen können über mehrere Wochen problemlos mit einer reinen Fleischfütterung auskommen, ohne dass gesundheitliche Schäden entstehen. Der Körper verfügt über Nährstoffreserven, die diesen Zeitraum überbrücken. Die Ausschlussdiät ist ein diagnostisches Verfahren und keine Dauerfütterung – nach erfolgreicher Testung werden alle fehlenden Nährstoffe schrittweise wieder ergänzt.
Wichtig: Tiere mit Vorerkrankungen, trächtige oder säugende Tiere sowie Welpen und Kitten sollten eine Ausschlussdiät nur unter Begleitung eines Tierheilpraktikers oder Ernährungsberaters durchführen. In diesen Fällen kann eine engmaschigere Überwachung sinnvoll sein.
Nach der Ausschlussdiät: Schritt für Schritt erweitern
Verträgt Ihr Tier das gewählte Protein gut, haben Sie zwei Möglichkeiten:
Option 1: Auf ein bindemittelfreies Alleinfutter umsteigen
Wählen Sie ein Alleinfuttermittel, das auf der getesteten Proteinquelle basiert und garantiert keine Bindemittel enthält. So ist Ihr Hund oder Ihre Katze optimal versorgt.
Option 2: Selbst kochen oder barfen
Wenn Sie beim Selbstkochen oder Barfen bleiben möchten, fügen Sie nun schrittweise die fehlenden Komponenten hinzu:
Für Hunde:
- Kohlenhydrate: Eine Kohlenhydratquelle wie Kartoffel, Süßkartoffel oder Reis im 3-6-Wochen-Rhythmus einführen
- Gemüse: Eine Gemüsesorte nach weiteren 3-6 Wochen hinzufügen
- Öle: Nach weiteren 3-6 Wochen ein geeignetes Öl ergänzen
- Nährstoffe: Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente einzeln und in größeren Abständen hinzufügen
Für Katzen:
- Gemüse: Etwa 5% Gemüseanteil im 3-6-Wochen-Rhythmus einführen (Katzen benötigen nur geringe Mengen)
- Öle: Nach weiteren 3-6 Wochen ein geeignetes Öl ergänzen. Bei Katzen sollten ausschließlich tierische Öle verwendet werden (z.B. Lachsöl, Fischöl, Lebertran), da diese die für Katzen wichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA enthalten. Die einzige Ausnahme bildet Algenöl, das ebenfalls EPA und DHA liefert
- Nährstoffe: Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, insbesondere Taurin, einzeln und in größeren Abständen hinzufügen
Wichtig für Katzenhalter: Katzen benötigen zwingend Taurin und andere essenzielle Nährstoffe. Eine reine Fleischfütterung ohne Ergänzungen darf nicht langfristig erfolgen. Konsultieren Sie einen auf Ernährung spezialisierten Tierheilpraktiker oder Ernährungsberater.
Wichtig: Beobachten Sie nach jeder neuen Zutat über mehrere Wochen, ob Ihr Tier diese verträgt. Bei Symptomen wissen Sie sofort, welche Komponente das Problem verursacht.
Professionelle Rationsberechnung – der sichere Weg zur ausgewogenen Ernährung
Wenn Sie sich entscheiden, langfristig selbst zu kochen oder zu barfen, sollten Sie unbedingt einen Ernährungsberater für Hunde und Katzen hinzuziehen. Ein qualifizierter Ernährungsberater erstellt eine individuelle Ration für Ihr Tier, die nach anerkannten Futterrichtlinien berechnet wird:
- NRC (National Research Council)
- FEDIAF (European Pet Food Industry Federation)
- Meyer und Zentek (deutsche Fachbuchreferenz)
Eine professionelle Rationsberechnung berücksichtigt:
- Das Alter, Gewicht und die Aktivität Ihres Tieres
- Besondere gesundheitliche Bedürfnisse
- Die getesteten und verträglichen Futterkomponenten aus der Ausschlussdiät
- Alle erforderlichen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in den richtigen Mengen
Warum ist das so wichtig? Selbst zusammengestellte Rationen führen ohne fachkundige Berechnung häufig zu Fütterungsfehlern und Nährstoffmängeln, die langfristig zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen können. Ein Ernährungsberater oder Tierheilpraktiker mit Ernährungsspezialisierung stellt sicher, dass Ihr Tier trotz der Einschränkungen durch die Unverträglichkeit optimal versorgt wird.
Fazit
Eine Ausschlussdiät ist ein aufwendiges, aber effektives Diagnoseverfahren für Hunde und Katzen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Konsequenz: Nur wenn Sie sich strikt an eine einzige, neue Proteinquelle halten und wirklich alle anderen Futterbestandteile weglassen, erhalten Sie verlässliche Ergebnisse.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren:
- Wahl einer histaminarmen Proteinquelle, die das Tier nicht kennt
- Absolute Konsequenz über 4-12 Wochen – keinerlei Ausnahmen
- Keine hypoallergenen Fertigfutter verwenden – diese enthalten zu viele Komponenten
- Alle Familienmitglieder informieren und einbinden
- Ernährungstagebuch führen
- Provokationstest zur Diagnosebestätigung
- Professionelle Rationsberechnung für die langfristige Fütterung durch einen Ernährungsberater oder Tierheilpraktiker
Mit Geduld und systematischem Vorgehen können Sie so die Lebensqualität Ihres Tieres deutlich verbessern und eine langfristig verträgliche Ernährung finden.