Lebererkrankungen bei Hunden und Katzen

Grundlagen der Leber

Die Leber ist das größte innere Organ und fungiert als zentrale Schaltstelle für nahezu alle Stoffwechselprozesse im Körper deines Hundes oder deiner Katze. Ihre bemerkenswerte Fähigkeit zur Regeneration macht sie zu einem einzigartigen Organ.

Anatomie und Physiologie der Leber

Die Leber befindet sich im vorderen Bauchraum, geschützt durch die Rippen, und ist in mehrere Lappen unterteilt. Mikroskopisch besteht sie aus unzähligen Hepatozyten (Leberzellen), die in sogenannten Leberläppchen angeordnet sind. Zwischen diesen Zellen verlaufen feine Blutgefäße, die Sinusoide, sowie Gallengänge.

Pfortadersystem: Etwa 75 % des Blutes gelangen über die Pfortader (Vena portae) in die Leber. Dieses Blut stammt direkt aus dem Magen-Darm-Trakt, der Bauchspeicheldrüse und der Milz und ist reich an Nährstoffen, aber auch an Toxinen, die zuerst von der Leber verarbeitet werden müssen.
Leberarterie: Die restlichen 25 % des Blutes erhält die Leber über die Leberarterie (Arteria hepatica), die sauerstoffreiches Blut liefert, um die Leberzellen selbst zu versorgen.
Gallengänge: Die in den Hepatozyten produzierte Galle wird über ein feines System von Gallengängen gesammelt und in der Gallenblase gespeichert, bevor sie in den Dünndarm abgegeben wird.
Kupffer-Zellen: Diese spezialisierten Immunzellen befinden sich in den Lebersinusoiden und spielen eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von Bakterien, Viren und anderen Fremdstoffen, die über die Pfortader in die Leber gelangen.

Die vielfältigen Funktionen der Leber

Synthesefunktionen (Produktion wichtiger Stoffe)

  • Proteinproduktion: Die Leber synthetisiert lebenswichtige Proteine, darunter Albumin (wichtig für den Flüssigkeitshaushalt und den Transport von Substanzen) sowie nahezu alle Gerinnungsfaktoren, die für die Blutgerinnung unerlässlich sind.
  • Galleproduktion: Täglich produziert die Leber 1–2 Liter Galle, die für die Fettverdauung und die Aufnahme fettlöslicher Vitamine im Dünndarm entscheidend ist.
  • Glukosesynthese (Glukoneogenese): Die Leber kann Glukose aus Aminosäuren, Laktat und Glycerin herstellen und ist somit zentral für die Aufrechterhaltung eines stabilen Blutzuckerspiegels.

Speicherfunktionen

  • Glykogen: Die Leber speichert Glukose in Form von Glykogen, einem schnell verfügbaren Energiespeicher.
  • Fettlösliche Vitamine: Vitamine wie A, D, E und K werden in der Leber gespeichert.
  • Mineralien: Eisen, Kupfer und Zink werden ebenfalls in der Leber eingelagert.

Entgiftungsfunktionen

  • Ammoniakentgiftung: Einer der wichtigsten Prozesse ist die Umwandlung des giftigen Ammoniaks in ungiftigen Harnstoff, der anschließend über die Nieren ausgeschieden wird.
  • Medikamentenabbau: Die Leber ist das Hauptorgan für den Abbau und die Biotransformation von Medikamenten.
  • Toxinelimination: Umweltgifte und körpereigene Abbauprodukte werden in der Leber unschädlich gemacht.

Der enterohepatische Kreislauf

Gallensäuren werden nach ihrer Funktion im Dünndarm größtenteils wieder aufgenommen und über das Blut zur Leber zurücktransportiert. Dort stehen sie erneut für die Bildung von Galle zur Verfügung. Dieser Kreislauf ist essenziell für eine effiziente Fettverdauung und -aufnahme.

Ursachen von Lebererkrankungen

Lebererkrankungen können primär (direkt in der Leber entstehend) oder sekundär (durch Störungen in anderen Organen verursacht) sein.

Bei Hunden

Angeborene Erkrankungen:

  • Portosystemischer Shunt (PSS): Angeborene oder erworbene Gefäßverbindungen, die Blut am Leberkreislauf vorbeileiten – es gelangt ungefiltert in den allgemeinen Blutkreislauf.
  • Kupferspeicherkrankheit: Genetisch bedingte Störung des Kupferstoffwechsels, die zu übermäßiger Kupferakkumulation in der Leber führt.

 

Infektiöse Hepatitis: Entzündungen der Leber, verursacht durch:

  • Viren (z. B. Canines Adenovirus)
  • Bakterien (z. B. Leptospira spp.)
  • Parasiten (z. B. Leberegel)

Toxische Hepatitis: Leberschäden durch:

  • Medikamente (z. B. Paracetamol, bestimmte Antibiotika)
  • Pilzgifte (z. B. Aflatoxine)
  • Süßstoffe (z. B. Xylitol)
  • Giftige Pflanzen

Autoimmunhepatitis:
Das Immunsystem greift irrtümlich körpereigene Leberzellen an.

Tumore:

  • Primäre Lebertumoren
  • Metastasen anderer Organe

Bei Katzen

Hepatische Lipidose (Leberverfettung):
Besonders bei übergewichtigen Katzen, die über längere Zeit nicht fressen.

Cholangitis / Cholangiohepatitis:
Entzündung der Gallengänge und des angrenzenden Lebergewebes.

Triaditis-Syndrom:
Gleichzeitige Entzündung von Leber, Bauchspeicheldrüse und Darm – eine bei Katzen relativ häufige, komplexe Erkrankung mit überlappenden Symptomen.

 

Polyzystische Leber (v. a. bei Perserkatzen):
Erbliche Erkrankung, bei der sich Zysten in der Leber bilden. Kann asymptomatisch verlaufen oder sekundäre Probleme verursachen.

FIP (feline infektiöse Peritonitis):
Die trockene Form der FIP kann auch die Leber befallen und zu granulomatösen Entzündungen führen.

 

Infektiöse Hepatitis: Verursacht durch:

  • Viren (z. B. Felines Coronavirus)
  • Bakterien

Toxische Hepatitis: Leberschädigungen durch:

  • Giftige Pflanzen (z. B. Lilien)
  • Medikamente

Tumore:

  • Primäre Lebertumoren
  • Metastasen

 Weitere Risikofaktoren (bei Hund und Katze)

Herzerkrankungen:
V. a. Rechtsherzinsuffizienz kann zu Blutstau in der Leber führen (Stauungsleber).

Endokrine Erkrankungen:

Diabetes mellitus: Kann zur Leberverfettung führen.
Cushing-Syndrom: Überfunktion der Nebennierenrinde mit Fetteinlagerung in der Leber.

Pankreaserkrankungen:
Eine Pankreatitis kann entzündliche Reaktionen in Leber und Gallengängen auslösen (bei Katzen: feline Triaditis).

Gallenblasenerkrankungen:
Gallensteine
Gallenblasenmucocele (Schleimzysten)

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (IBD):
Können indirekt die Leberfunktion beeinträchtigen.

Rasseprädispositionen

Einige Rassen sind anfälliger für bestimmte Lebererkrankungen:

Hunde:

Kupferspeicherkrankheit:
Besonders betroffen sind Bedlington Terrier, Dobermann, Labrador Retriever und West Highland White Terrier.

Portosystemischer Shunt (PSS):
Häufig bei Yorkshire Terrier, Malteser, Irish Wolfhound und Australian Shepherd.

Chronische Hepatitis:
Prädisposition bei Cocker Spaniel, Dobermann, Deutschem Schäferhund und Labrador Retriever.

Katzen:

Hepatische Lipidose (Leberverfettung):
Kann bei allen Rassen auftreten, insbesondere bei übergewichtigen Katzen und bei längerem Nahrungsverzicht.

Cholangitis / Cholangiohepatitis:
Kommt rasseübergreifend vor, wird jedoch häufig im Zusammenhang mit einer Triaditis diagnostiziert.


Symptome einer Lebererkrankung

Lebererkrankungen zeigen oft erst spät klinische Symptome, da die Leber über eine hohe Reservekapazität verfügt.

Frühe Anzeichen (oft unspezifisch) bei Hunden und Katzen

  • Appetitlosigkeit (Anorexie)
  • Gewichtsverlust
  • Lethargie und Mattigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Polydipsie / Polyurie (vermehrtes Trinken und Urinieren)
  • Heller, fettiger Kot (acholischer Kot) bei Gallenabflussstörungen
  • Dunkler, teerartiger Kot (Meläna) bei inneren Blutungen

Fortgeschrittene Symptome bei Hunden und Katzen

Mit fortschreitender Leberfunktionsstörung sammeln sich Giftstoffe im Körper an, was zu deutlich ausgeprägteren Symptomen führt:

  • Ikterus (Gelbsucht): Gelbfärbung von Schleimhäuten, Augenweiß und Haut
  • Aszites: Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum, sichtbar als prall gespannter Bauch
  • Hepatomegalie: Vergrößerte Leber, teilweise tastbar

Neurologische Symptome (hepatische Enzephalopathie – HE):
z. B. Desorientierung, „Kopfpressen“, Krampfanfälle, Verhaltensveränderungen, Sehstörungen, vermehrtes Speicheln

Blutungsneigung: Durch gestörte Produktion von Gerinnungsfaktoren – z. B. Nasenbluten, Zahnfleischbluten, Hämatome

Stumpfes, glanzloses Fell

Muskelatrophie (Muskelabbau)


⚠️ Notfallsymptome – Sofortige Abklärung erforderlich!

Diese Symptome erfordern umgehend tierärztliche Hilfe:

  • Plötzliche Desorientierung, „Sterne gucken“, Kopfpressen
  • Krampfanfälle oder Bewusstlosigkeit
  • Akut auftretende, starke Gelbsucht
  • Starke, unkontrollierbare Blutungen
  • Akuter Kollaps, extreme Schwäche oder Apathie
  • Anhaltendes, starkes Erbrechen oder Durchfall
  • Akute Gelbsucht bei Katzen: Besonders kritisch – kann innerhalb von 24–48 h lebensbedrohlich werden

Wichtige Blutwerte zur Leberdiagnostik

Parameter Erhöht bei Erniedrigt bei
ALT (Alanin-Aminotransferase) Leberzellschädigung, akute Hepatitis Stark geschädigte Leber mit Verlust funktioneller Zellen (Spätstadium)
AST (Aspartat-Aminotransferase) Leberzellschädigung, Muskelverletzungen, Hämolyse, Herzmuskelschäden – (selten klinisch relevant, evtl. Endstadium Leberversagen)
AP (Alkalische Phosphatase) Gallenrückstau (Cholestase), Lebertumoren, Knochenerkrankungen, Cushing-Syndrom (Hinweis: Bei Katzen weniger spezifisch als bei Hunden aufgrund niedrigerer Grundwerte) Mangelernährung, Zinkmangel, Hypothyreose (selten)
GGT (Gamma-Glutamyl-Transferase) Erkrankungen der Gallenwege, Cholestase (spezifischer als AP) Leberversagen im Spätstadium
Bilirubin gesamt Hämolyse, Leberfunktionsstörung, Gallenstau Selten klinisch relevant
Albumin Dehydratation (relativ erhöht) Syntheseschwäche der Leber (v. a. bei chronischer Schädigung)
Gallensäuren (nüchtern/postprandial) Leberfunktionsstörung, portosystemischer Shunt Gallenmangel
Gallensäuren (postprandial / Stimulationstest) Portosystemischer Shunt, Leberinsuffizienz, Cholestase Gallenmangel, gestörte Gallefreisetzung, Fettverdauungsstörung
Ammoniak Hepatische Enzephalopathie, Shunt -
Harnstoff Nierenfunktionsstörung, proteinreiche Fütterung Schwere Leberinsuffizienz (gestörte Harnstoffsynthese)
Cholesterin Cholestase, Hypothyreose Leberversagen, Malabsorption
Glukose Diabetes mellitus, Stress (v. a. Katze) Leberinsuffizienz, Fasten, Insulinom
Kupfer Kupferspeicherkrankheit (v. a. Hund) Kupfermangel
Natrium, Kalium, Chlorid Entgleisungen bei HE, Aszites, Diurese Mangelzustände durch Erbrechen, Durchfall, Therapie
Phosphat, Magnesium Leberfunktionsstörung, Gewebeschäden Appetitlosigkeit, Pankreas-, Darmprobleme
Triglyzeride Leberverfettung, Lipidstoffwechselstörung -

Hinweis: Die Interpretation der Laborwerte sollte stets in Absprache mit einem Tierarzt oder Tierheilpraktiker erfolgen, da die Werte individuell variieren können und stets im Gesamtkontext der Krankengeschichte betrachtet werden müssen.

Weitere diagnostische Schritte

 

Urinuntersuchung:
Überprüfung auf Bilirubin im Urin und Bestimmung des spezifischen Gewichts.

Bildgebende Verfahren:
Ultraschall: Wichtigstes Verfahren zur Beurteilung von Lebergröße, Form, Struktur, Gallenblase, Gallengängen, Tumoren und Shunts.
Röntgen: Zur Beurteilung der Lebergröße und zum Nachweis von Aszites.
CT/MRT: Ermöglicht eine detaillierte Darstellung von Tumoren oder Shunts.

Gerinnungstests:
Überprüfung der Blutgerinnung (PT, PTT), da die Leber für die Synthese von Gerinnungsfaktoren verantwortlich ist.

Leberbiopsie:
Goldstandard zur definitiven Diagnose – ermöglicht die Bestimmung der genauen Art und des Stadiums der Erkrankung.

Kotuntersuchung:
Parasitologie:
Zum Ausschluss von Endoparasiten (z. B. Giardien, Kokzidien, Spulwürmer) als Ursache oder Mitverursacher einer Leberbelastung oder allgemeinen Verdauungsproblematik.

Mikrobiologische Kotflora:
Analyse der bakteriellen Besiedlung (Dysbiose) zur Beurteilung des Gleichgewichts der Darmflora.
Mögliche Befunde:

Überwucherung mit pathogenen Keimen wie Proteus spp., Clostridien oder Escherichia coli

Mangel an physiologischen Bakterien wie Lactobazillen oder Bifidobakterien

Zonulin (Leaky-Gut-Marker):
Zonulin ist ein Marker für die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut. Erhöhte Werte weisen auf eine gestörte Darmbarriere hin („Leaky Gut“), was zu systemischer Entzündung und sekundärer Leberbelastung führen kann.

Infektionsdiagnostik:
Spezifische Tests zum Nachweis viraler oder bakterieller Erreger.

Differenzialdiagnosen:
Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen.

 

Ernährungstherapie: Grundlagen der Leberdiät

Die Ernährung ist ein zentraler Bestandteil der Lebertherapie und kann maßgeblich zur Stabilisierung und Verbesserung des Gesundheitszustands beitragen. Ein individuell abgestimmter Futterplan – idealerweise unter tierheilpraktischer Begleitung – ist dabei essenziell.

Hauptziele der Ernährungstherapie

Entlastung der Leber: Reduktion von Stoffwechselaufgaben und Toxinproduktion

Vermeidung von Mangelzuständen: Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Energie, Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen

Reduktion der Ammoniakbildung: Minimierung der Ammoniakproduktion und -aufnahme im Darm

Förderung der Regeneration: Bereitstellung regenerationsfördernder Nährstoffe für die Zellreparatur


Proteinmanagement – Der Balanceakt

Ziel ist es, die richtige Menge und Qualität an Protein zuzuführen: genug, um den Muskelabbau zu verhindern, aber nicht zu viel, um die Ammoniakbelastung zu minimieren.

Proteinempfehlungen (bezogen auf die Trockensubstanz):

Normale/milde Schädigung: 18–25 % TS

Eingeschränkte Funktion / chronische Hepatitis: 15–18 % TS

Hepatische Enzephalopathie (HE): 10–15 % TS (ggf. vorübergehend noch weiter reduziert)

Geeignete Proteinquellen (leicht verdaulich):
Magerquark, Hüttenkäse, gekochte Hühnerbrust, Pute, mageres Rindfleisch, gekochter Fisch, Eier, Kartoffeln, Reis

Zu vermeidende Proteinquellen:
Innereien (v. a. bei Kupferspeicherkrankheit), bindegewebsreiches Fleisch, getrocknete Kausnacks, 


Fettmanagement bei Hunden: 

Empfohlene Fettquellen:
Rapsöl, Olivenöl, Lachsöl (Omega-3-Fettsäuren)

Bei eingeschränkter Gallenfunktion:
MCT-Öl oder Kokosöl – sie benötigen keine Gallensäuren zur Verdauung

Fettmanagement bei Katzen: 

Fischöl (z. B. Lachsöl, Krillöl)
Reich an EPA und DHA (aktive Omega-3-Fettsäuren), wirkt entzündungshemmend, leberunterstützend und kann bei hepatischer Lipidose und Cholangitis hilfreich sein.

Tierische Fette (z. B. Hühner- oder Rinderfett)
Gut verdaulich, energiehaltig und natürlich – sie gehören zur artgerechten Ernährung der Katze.

Bei eingeschränkter Gallenfunktion:
Theoretisch sind MCT-Öle oder Kokosöl geeignet, da sie ohne Gallensäuren verdaut werden können.
Aber: Katzen vertragen MCT-Fette oft schlecht – sie können zu Erbrechen, Durchfall oder Inappetenz führen.→ Nur in minimaler Dosierung 

 


Kohlenhydrate als Energielieferant für Hunde

Geeignete Kohlenhydratquellen:
Gekochter Reis, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Nudeln, Haferflocken


Vitamine und Mineralstoffe

Kupfer:
Bei Kupferspeicherkrankheit ist eine kupferarme Diät essenziell (< 5 mg/kg TS)

Zink:
Eine erhöhte Zinkzufuhr hemmt die Kupferaufnahme

Vitamin E:
Starkes Antioxidans, 

B-Vitamine (v. a. B1, B2, B6, B12, Folsäure):
Oft 2–3-facher Normalbedarf

Carnitin:
Wichtig für den Fettstoffwechsel, insbesondere bei hepatischer Lipidose

Praktische Fütterungsempfehlungen

Futtermenge und Mahlzeitenfrequenz

Die Futtermenge sollte stets an das Idealgewicht und den Aktivitätsgrad des Tieres angepasst werden. Mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag sind ideal, um die Leber zu entlasten. Ein Tierheilpraktiker kann dabei helfen, einen individuellen Futterplan zu erstellen.


Selbstgemachtes Futter vs. kommerzielle Leberdiäten

Die Zubereitung von selbstgemachtem Futter bietet die Möglichkeit, die Ernährung individuell auf die Bedürfnisse des Tieres abzustimmen und nur hochwertige, frische Zutaten zu verwenden. Dies erfordert jedoch sorgfältige Planung, um Mangelerscheinungen zu vermeiden.

Selbstgemachtes Futter bei Hunden mit Lebererkrankungen

Basis: Mageres, leicht verdauliches Muskelfleisch (z. B. gekochtes Huhn, Pute, mageres Rindfleisch)

Kohlenhydrate: Gut gekochter Reis, Kartoffeln oder Süßkartoffeln als leicht verfügbare Energiequelle

Gemüse: Gekochte und pürierte Karotten, Zucchini, Kürbis – liefern Ballaststoffe und Vitamine

Fette: Moderate Mengen hochwertiger Fette wie Rapsöl oder Lachsöl zur Energiedeckung

Ergänzungen: Vitamin- und Mineralstoffmischung speziell für Leberpatienten (z. B. mit Zink, Vitamin E, B-Vitaminen)

Proteinreduktion: Bei fortgeschrittener Erkrankung oder hepatischer Enzephalopathie sollte der Proteingehalt gezielt reduziert werden

Verzicht auf Rohfütterung (BARF): Bei akuten Leberproblemen oder in schweren Fällen sollte auf Rohfütterung verzichtet werden, um die Verdauung nicht zusätzlich zu belasten und das Risiko bakterieller Belastung zu minimieren

Selbstgemachtes Futter bei Katzen mit Lebererkrankungen

Basis: Mageres, gut gegartes Muskelfleisch (z. B. Huhn, Pute, Kaninchen). Katzen sind obligate Karnivoren – ein ausreichender, aber gut verdaulicher tierischer Proteinanteil ist essenziell

Fette: Fettzufuhr ist entscheidend, um den Energiebedarf zu decken und eine hepatische Lipidose zu verhindern (besonders bei Inappetenz). Empfehlenswert sind Lachsöl oder geringe Mengen MCT Kokosöl (individuell verträglich dosieren)

Kohlenhydrate: Möglichst geringer Anteil. Wenn überhaupt, nur kleine Mengen (z. B. wenig gekochter Reis)

Aminosäuren: Taurin ist für Katzen essenziell und muss ergänzt werden. Auch Carnitin kann bei Leberverfettung hilfreich sein

Ergänzungen: Spezielle Vitamin- und Mineralstoffmischung für Katzen mit Lebererkrankung

Zwangsernährung: Wenn Katzen nicht fressen, ist die Gefahr einer hepatischen Lipidose hoch. In solchen Fällen kann eine Sondenernährung lebensrettend sein (nur unter tierärztlicher Anleitung)

Akzeptanz: Katzen sind oft sehr wählerisch. Unterschiedliche Texturen, Gerüche und Temperaturen des Futters können ausprobiert werden, um die Futteraufnahme zu fördern

Kommerzielle Leberdiäten (Hund und Katze)

  • Praktisch, ernährungsphysiologisch ausgewogen und sicher in der Zusammensetzung
  • Achte auf hochwertige Zutaten und wenig Zusatzstoffe
  • Lasse die Auswahl immer tierheilpraktisch oder tierärztlich begleiten

Fütterungstechniken bei Appetitlosigkeit (Hund & Katze)

  • Kleine, häufige Mahlzeiten
  • Futter leicht anwärmen (verstärkt den Geruch)
  • Konsistenz anpassen (z. B. püriert, breiig)
  • Handfütterung versuchen
  • Ruhige, stressfreie Fütterungsumgebung schaffen
  • Appetitanreger nur nach Rücksprache mit Tierheilpraktiker oder Tierarzt
  • Bei anhaltender Nahrungsverweigerung: Sondenernährung durch den Tierarzt

Leberfreundliche Leckerli-Alternativen (Hund & Katze)

  • Selbstgemachte Kekse aus Kartoffel- oder Reismehl
  • Kleine Portionen gefrorener Magerquark (bei Verträglichkeit)
  • Kauwurzeln oder unbehandelte Knabberhölzer (Hund)
  • Gefriergetrocknete Apfel- oder Bananenstücke (in Maßen)
  • Gekochte Gemüsewürfel (z. B. Zucchini, Kürbis, Karotte – für Hunde gut geeignet, Katzen nur bei Akzeptanz)

Spezielle Lebererkrankungen und ihre Behandlung

Neben der allgemeinen Leberdiät gibt es spezifische Behandlungsstrategien, die ein Tierheilpraktiker im Rahmen seiner Möglichkeiten begleiten kann. In komplexen Fällen ist die Zusammenarbeit mit einem Fachtierarzt unerlässlich.


Hepatische Enzephalopathie (HE)
Symptome: Desorientierung, Kopfpressen, Krampfanfälle, Verhaltensänderungen
Diätetische Maßnahmen:

  • Drastische Proteinreduktion (10–15 % TS)
  • Präbiotika (z. B. Inulin, Flohsamenschalen)
  • Häufige kleine Mahlzeiten

Naturheilkundliche Unterstützung:

  • Mariendistel (Silymarin): Leberschutz, antioxidativ, entzündungshemmend
  • Bitterstoffe (z. B. Löwenzahn, Artischocke): Förderung des Gallenflusses -Nicht bei Gallensteinen und Gallenstau!
  • Ornithin/Arginin: Unterstützung des Harnstoffzyklus zur Ammoniakentgiftung

Tierärztliche Maßnahmen:

  • Orale Antibiotika wie Metronidazol zur Reduktion ammoniakproduzierender Bakterien
  • Lactulose reduziert Ammoniakaufnahme und fördert dessen Ausscheidung

Portosystemischer Shunt (PSS)
Diätführung:

  • Eiweißarme Kost mit Milchprodukten
  • Flohsamenschalen (1–2 TL täglich)
  • Keine proteinreichen Leckerlis
  • Mehrere kleine Mahlzeiten

Naturheilkundliche Unterstützung:

  • Bentonit oder Zeolith zur Ammoniakbindung im Darm
  • Laktobazillen (Probiotika) zur Stabilisierung der Darmflora
  • Vitamin-B-Komplex bei erhöhtem Bedarf durch eingeschränkte Leberfunktion

Konventionelle Therapie:

  • Operative Korrektur durch einen Fachtierarzt

Kupferspeicherkrankheit
Diätprinzipien:

  • Kupferarme Diät (< 5 mg/kg TS)
  • Zinkgabe zur Hemmung der Kupferaufnahme

Zu vermeiden:

  • Innereien (besonders Leber), kupferreiche Futtermittel (z. B. Nüsse, Hirse)

Naturheilkundliche Unterstützung:

  • Mariendistel zur Unterstützung der Leberfunktion
  • Curcumin oder Weihrauch bei entzündlichen Begleitprozessen
  • Schüßler Salz Nr. 17 (Manganum sulfuricum) zur Unterstützung der Entgiftung

Tierärztlich:

  • Kupferchelatoren wie D-Penicillamin bei schwerer Akkumulation

Hepatische Lipidose (Leberverfettung) – bei Katzen
Diätmanagement:

  • Hochwertige, leicht verdauliche, moderate Fettzufuhr (5–8 % TS)
  • Zwangsernährung bei Inappetenz ist lebensrettend (ggf. über Sonde, unter tierärztlicher Aufsicht)

Orthomolekulare Unterstützung:

  • Lipotrope Substanzen: Cholin, Methionin, Taurin, Carnitin
  • Vitamin E und B-Komplex zur Leberunterstützung

Phytotherapie (mit Vorsicht bei Katzen):

  • Standardisierter Mariendistel-Extrakt (nur katzengeeignete Präparate)
  • Keine salicylathaltigen Pflanzen wie Weidenrinde verwenden

Chronische Hepatitis – bei Hunden und Katzen
Konventionelle Behandlung:

  • Kortikosteroide, Ursodeoxycholsäure (UDCA), Antioxidantien, leberunterstützende Diät

Naturheilkundliche Optionen:

  • Mariendistel, Löwenzahnwurzel, Artischocke zur Leberentlastung
  • Omega-3-Fettsäuren (z. B. Fischöl) bei entzündlichen Prozessen
  • Curcumin als antioxidative und antifibrotische Unterstützung
  • SAMe (S-Adenosylmethionin) wichtigster Methylgruppendonator für Leberzellregeneration

Feline Cholangitis / Cholangiohepatitis
Konventionelle Behandlung:

  • Ursodeoxycholsäure (Gallensäuretherapie), Antibiotika, Kortikosteroide, Infusionstherapie

Naturheilkundlich unterstützend:

  • Mariendistel (katzengeeignet)
  • L-Glutamin und Omega-3-Fettsäuren zur Schleimhaut- und Leberzellunterstützung
  • Darmsanierung bei begleitender IBD oder Triaditis

Leberzirrhose – bei Hund und Katze
Ziel: Palliative Pflege zur Erhaltung der Lebensqualität bei irreversiblen Leberschäden

Naturheilkundliche Unterstützung:

  • B-Vitamine und Antioxidantien (z. B. Vitamin C, E, Glutathion, Coenzym Q10)
  • Kleine, leicht verdauliche, energiedichte Mahlzeiten
  • Darmflorastabilisierung und stressarme Umgebung

Monitoring und Verlaufskontrolle

Eine regelmäßige und engmaschige Kontrolle ist entscheidend für den Therapieerfolg. Dein Tierheilpraktiker kann dich hierbei begleiten und die Entwicklung deines Tieres professionell beurteilen.


Regelmäßige Untersuchungen bei Hunden und Katzen

  • Blutwerte: Zu Beginn alle 2–4 Wochen, später in Intervallen von 3–6 Monaten
  • Gewichtskontrolle: Wöchentlich zur Früherkennung von Ab- oder Zunahmen
  • Klinische Untersuchung: Beurteilung des Allgemeinbefindens, der Schleimhäute und Abtasten des Bauchraums
  • Ultraschalluntersuchung: Alle 6–12 Monate zur Beurteilung der Leberstruktur, Gallenblase und ggf. Shuntentwicklung
  • Spezielle Tests: Gallensäuren (prä- und postprandial) und Ammoniak bei Verdacht auf Funktionsstörung oder hepatische Enzephalopathie
  • Urinuntersuchungen: Zur Überwachung der Nierenfunktion und Kontrolle auf Bilirubin oder andere Auffälligkeiten

Warnsignale für eine Verschlechterung (Hund & Katze)

Folgende Symptome können auf eine Verschlechterung des Zustands hinweisen und erfordern eine sofortige Rücksprache mit Tierheilpraktiker oder Tierarzt:

  • Zunehmende Appetitlosigkeit oder vollständige Nahrungsverweigerung
  • Deutlicher Gewichtsverlust
  • Neu auftretende oder sich verschlechternde neurologische Symptome (z. B. bei hepatischer Enzephalopathie)
  • Zunehmende oder neu auftretende Gelbfärbung (Ikterus) von Haut oder Schleimhäuten
  • Auftreten oder Zunahme von Bauchwassersucht (Aszites)
  • Neue oder verstärkte Blutungsneigung (z. B. Nasenbluten, Zahnfleischbluten)
  • Apathie, starke Lethargie oder plötzliche Schwäche
  • Deutliche Verschlechterung der Blutwerte (insbesondere Leber- oder Gerinnungsparameter)

Prognose und Lebensqualität

Die Prognose hängt maßgeblich von der Ursache und dem Stadium der Lebererkrankung ab. Dein Tierheilpraktiker kann dir eine realistische Einschätzung zum weiteren Verlauf geben.


Faktoren für eine gute Prognose

  • Frühzeitige Diagnose
  • Behandelbare Ursache (z. B. operabler Shunt, akute Vergiftung)
  • Gute Regenerationsfähigkeit der Leber
  • Konsequente Einhaltung der Therapie (Diät, Medikamente, Kontrolluntersuchungen)
  • Stabile Blutwerte und guter klinischer Allgemeinzustand

Faktoren für eine vorsichtige bis ungünstige Prognose

  • Späte Diagnose mit bereits eingetretener irreversibler Leberschädigung (z. B. Zirrhose)
  • Fortgeschrittene Komplikationen (z. B. schwere hepatische Enzephalopathie, massiver Aszites)
  • Aggressive oder nicht operierbare Lebertumoren
  • Fehlendes Ansprechen auf die eingeleitete Therapie
  • Anhaltende Inappetenz oder Futterverweigerung (Anorexie)

Trotz einer chronischen Lebererkrankung kann die Lebensqualität – bei guter Betreuung und individuell angepasster Therapie – über viele Jahre erhalten bleiben.