Das Laufrad aus tierphysiotherapeutischer Sicht

Veröffentlicht am 14. November 2025 um 01:22

von Nic Hackmann

Katze im Laufrad

Viele Katzenhalter*innen schwören auf die positiven Eigenschaften eines Laufrads für
ihre Katzen. Die Tiere beschäftigen sich selbst, bewegen sich mehr und können so auch
eventuelle Frustrationen in der Sozialgruppe „abtrainieren“.

Besonders Wohnungskatzen
wird mit dem Rad die Möglichkeit gegeben, ihr Pensum an Bewegung zu erhöhen.


Ein Laufrad kann darüber hinaus zur kognitiven Stimulation dienen, indem es die Katze
geistig fordert und Abwechslung in den Alltag bringt.

Auch bietet es für die Halter*innen
von Stubentigern die Möglichkeit einer einfachen Beschäftigung, die in der Regel von
allen Katzen sehr gut angenommen wird.

Aufbau und Funktionsweise


Es gibt unterschiedliche Typen von Laufrädern. Meist bestehen sie aus einem zylindrischen oder ellipsenförmigen Kern, der in einem stabilen Rahmen eingebettet ist.
Der Einstieg ist meist flach, der Boden besteht aus einem rutschfesten Belag. Die Bewegung des Laufrads ist rotierend und wird durch die Kraft der Vorderbeine des
Tieres angestoßen. Wenn die Katze im Laufrad läuft, übt sie abwechselnde Kräfte auf die Lauffläche aus; das Rad reagiert dabei mit einer gleich großen Gegenkraft. Die Katze bleibt dabei im Rad stationär, während das Rad sich unter ihr dreht.
Es gibt Modelle mit einem frei drehendem Rad, die entweder mit elektrischer oder mechanischer Bremse ausgestattet sind. Viele Laufräder bieten ebenfalls die Option
unterschiedliche Laufrichtungen einzustellen. Manche Laufflächen sind derart breit ausgestaltet, dass zwei Katzen gleichzeitig laufen können.

Ist das Laufrad die perfekte Lösung?


Schauen wir uns die Katze in ihrem natürlichen, jagdlichen Alltag an, so wird über Stunden bewegungslos verharrt und beobachtet, gefolgt von einem plötzlichen
Absprung zur Ergreifung der Beute. Katzen stöbern nicht nach Beute und verfolgen diese nicht über eine lange Zeit (anders als Hunde mit ihrem Jagd-Hetz-Verhalten),
sondern sie verweilen in einem kleinen Radius und verharren.

Die restliche Zeit wird mit Schlaf und der Kontrolle des Streifreviers in gemäßigtem Tempo verbracht. Bei Gefahr kann ein kurzer Sprint eingelegt werden, der aber meist nur der akuten Flucht dient und selten länger als ein paar Minuten andauert.

Vergleicht man nun Videos von Katzen in Laufrädern, so sieht man in den meisten Fällen, dass sie mit aufgewölbter Wirbelsäule laufen.

Der Schwanz wird unnatürlich hoch oder zu tief getragen, was Hinweise auf eine nicht natürliche Körperachse gibt. Es kann durch die Rotation und die stetigen Wiederholungen des Rads zu Fehlbelastungen der Tibia und Sprunggelenke kommen.
Knie – hier insbesondere die Patella (Kniescheibe samt Rinne) – geraten unter Druck, Hüfte, Wirbelsäule und Schultergelenke werden falsch beziehungsweise überlastet.
Aber nicht nur Gelenke, sondern auch der Sehnen- und Bandapparat, die Bandscheiben und Muskelgruppen, die einerseits zu wenig oder zu stark beansprucht werden, geraten unter Druck.

Analyse anhand von Fotos

Ich möchte dies anhand von Fotos näher erläutern und bedanke mich sehr bei der Halter*in, die mir die Möglichkeit gegeben hat, ihre Katzen im Laufrad zu analysieren und diese Eindrücke hier zu veröffentlichen. Ein herzliches Dankeschön!

Startposition im Laufrad und Belastung der Vorder- und Hinterbeine

Startposition im Laufrad und Belastung der Vorder- und Hinterbeine

Hier sieht man eine Katze, die im Begriff ist das Laufrad in Bewegung zu setzen. Das
Gewicht liegt auf den Vorderbeinen (rote Pfeile), hier besonders auf dem rechten
Vorderbein, der Kopf ist steil aufgerichtet. Die Hintergliedmassen werden entlastet
(grüne Pfeile), wie man an der Stellung der Hinterbeine sehen kann – sie sind leicht xförmig aufgestellt.

Laufbewegung im Rad

Laufbewegung im Rad

Das Laufrad ist in Schwingung. Die Halswirbelsäule samt Kopf bleibt in der Aufrichtung,
die Wirbelsäule – bedingt durch Krümmung des Rads, ist aufgewölbt, die
Lendenwirbelsäule flacht ab, der Schwanz wird recht steif getragen.

Körperhaltung im Laufrad

Körperhaltung im Laufrad

In diesem Bildausschnitt sieht man die Problematik der Haltung im Laufrad sehr deutlich.
Aufrechte Halswirbelsäule, Gewicht auf den Vorderbeinen zum Schwung nehmen, dabei
eine abflachende Lendenwirbelsäule.

Fazit

Ist nun alles schlecht? Sollen alle Katzenlaufräder entsorgt, verkauft oder verschrottet werden?
Aus tierphysiotherapeutischer Sicht ist das Laufrad ein Risiko für Schäden, Überbelastungen und Verletzungen des Bewegungsapparates. Aber man kann als
Halter*in auch viel dafür tun, dieses Risiko zu minimieren und kalkulierbar zu machen, indem man gewisse Ausgleichs- und Dehnübungen durchführt – ähnlich einer Warm-Down-Phase nach dem eigenen Sport.

Die folgenden Kurzbeschreibungen sind nur ein kleiner Auszug von prophylaktischen Bewegungsübungen, die dazu dienen, den Körper gesund zu halten, sollte auch
weiterhin das Laufrad als Mittel der Beschäftigung und Auslastung genutzt werden.


Rücken- und Halsmuskulatur

Die Halswirbelsäule und Muskulatur sollten hierbei besonders im Fokus stehen. Es gibt
Übungen, die besonders der Dehnung und Flexion von Kopf und HWS dienen, indem
die Katze den Kopf und somit die HWS nach links und rechts rotiert (Abbildung 1) und
eine Gegenbewegung in Form einer Extension und Flexion (Abbildung 2) durch die
Halter*innen initiiert werden.

Rücken- und Halsmuskulatur Übung

Auch die Stärkung der Hintergliedmaßen sind wichtige Elemente eines gesunden
Bewegungsapparates und können in den täglichen (Spiel-)Alltag der Katze mit
einfließen.

© Nic Hackmann, November 2025

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